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Qualität in der Medizin hat ihren Preis, Gesellschaft der Ärzte

Qualität in der Medizin hat ihren Preis

Vor einiger Zeit wurden zwei junge österreichische Ärzten, die im Ausland arbeiten, aufgrund ihrer exzellenten Leistungen eingeladen, in Wien eine Stelle anzunehmen. Sie haben abgelehnt mit der Begründung, dass, wenn man in Wien im Supermarkt einkauft, die gleichen Produkte teurer sind. Dort, wo sie jetzt sind, besteht Zugang zu neuesten Medizinprodukten; dass in Wiens Spitälern veraltete Geräte stehen, konnten sie bereits in der Zeitung lesen. Und: sie würden 800 Euro pro Monat weniger verdienen, sofern sie das niedrige Grundgehalt durch viele Nachtdienste aufbessern. Wobei es für sie nur eine Frage der Zeit wäre, bis auch diese Möglichkeit gekappt wird. Genau an diesem Punkt sind wir jetzt mit dem neuen Ärztearbeitszeitgesetz, das für die meisten Betroffenen mit einem weiteren deutlichen Einkommensverlust verbunden sein wird.

Nun werden Streiks angemeldet und Protestresolutionen verabschiedet. Es ist, um in der medizinischen Diktion zu bleiben, offenbar ein Abszess nicht rechtzeitig drainiert worden, sondern perforiert und eitriger Geruch steigt in die Nase. Vor Therapiebeginn muss einmal die bittere Wahrheit ausgesprochen werden: Betrachtet man die hohen Lebenshaltungskosten, liegt Österreich bei den Ärztegehältern nicht nur europaweit am unteren Ende, sondern ist weit abgeschlagen.

Die Differenz zwischen Ist und Soll beträgt über 50 %. Die Zahl klingt utopisch hoch, ist es aber nicht, sondern veranschaulicht, wieviel die österreichische Gesundheitspolitik in den letzten 20 Jahren verabsäumt hat. Insider wissen, dass ein Arzt heute etwa die Hälfte seines Kollegen von damals verdient.

Dass die Qualität damit zusammenhängt, wird nur ungern gehört. Nach A. Donabedians Modell hängt die Qualität eines Ergebnisses direkt davon ab, wie gut die Strukturen und die Prozesse dahinter sind. Folglich schlägt es sich in unserem als marod bezeichneten Gesundheitssystem nieder, wenn die wichtigsten Leistungsträger schlecht bezahlt werden

Ein einfacher Ansatz, dies zu verbessern, wäre die gezielte Förderung spezialisierter Angebote und exzellenter Leistungen auf Basis objektiver Ausschreibungen. Statt eines lauwarmen Geldregens, der über alles niedergeht. Fokussierte Förderungen, das zeigen weltweit die Erfahrungen aus der Forschung, können ein großer Motivationsschub sein. Die Idee ist nicht neu und man sieht, auch wenn sie nur ansatzweise realisiert wurde: Das medizinische Angebot ist bereits nach kurzer Zeit klarer definiert mit nachhaltigen Schwerpunktsetzungen, sinnvoller Vernetzung, positiver Imagebildung und daher auch interessanten Angeboten für Emigrationswillige.

Vor allem könnte ein solches Finanzierungsmodell auf bestehenden, vom Prinzip oft nicht so schlechten Strukturen aufbauen. In der Aus- und Fortbildung entwickelt sich vieles zum Positiven (auch deshalb sind unsere Ärzte im Ausland gefragt). Um manche hier angebotene internationale Kurse oder Observerships reißen sich ausländische Kollegen. Oder: Seit kurzem absolvieren Studierende der Medizin ihr letztes Ausbildungsjahr zur Gänze in Lehrkrankenhäusern und Lehrpraxen, die mit den sich öffnenden Medizinuniversitäten Verträge abgeschlossen haben. Die daraus resultierenden Möglichkeiten, Innovationen direkt bis in den letzten Winkel unseres Landes zu tragen, wurden noch nicht einmal in Ansätzen genutzt.

Bereits heute sind einige unserer medizinischen Einrichtungen beliebte Anlaufstelle für ausländische Patienten. Das Management der Spitäler wird immer effizienter, die ambulante Medizin kann viele Leistungen aus dem stationären Bereich übernehmen. Und die medizinische Forschung bietet bei uns interessante Möglichkeiten, wenngleich oft nur theoretisch auf dem Papier.

Denn Qualität hat nun einmal ihren Preis. Qualität zu fordern ist übrigens auch ein medizinethisches Gebot. Die Prognose eines perforierten Abszesses hängt von der Therapie ab: rasche chirurgische Sanierung in Form gezielter und höherer Investitionen oder langes Siechtum. Die österreichische Gesundheitspolitik entscheidet sich für den zweiten Weg, indem eine EU-Richtlinie aus 2004 vierzehn Jahre lang mit Übergangsfristen bis 2021 zögerlich-schrittweise umgesetzt wird.

Univ.-Prof. Dr. Franz Kainberger

Text:
Univ.-Prof. Dr. Franz Kainberger
(Präsident der Gesellschaft der Ärzte)

Der Beitrag ist die persönliche Meinung des Autors!