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Gesellschaft der Ärzte in Wien, Billrothhaus, Gesellschaft der Ärzte

Zur Nosologie der depressiven Störung
Univ.-Prof. Dr. Andreas Erfurth | Therapieresistente Depression (in Kooperation mit der Ärztekammer für Wien)
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Dauer: 16:46
Vortrag

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Der erste Vortrag von Univ.-Prof. Dr Andreas Erfurth umfasst die Nosologie der depressiven Störung. „Klinische Beobachtungen sind wie alle Beobachtungen Interpreationen im Licht der Theorien“. Dieses Zitat von Karl R. Popper beschreibt sehr gut die diagnostischen Möglichkeiten im Fachgebiet der Psychiatrie. Eine klare Einordung von Krankheitsbildern, wie es bei internistischen Fächern kausal ist, ist schwer, weshalb es sich bei den Bezeichnungen wie Schizophrenie, Depression oder manisch depressiven Erkrankungen eher um Konzepte als eine fixierte Diagnose handelt. Das Bild der Erkrankung, der Diagnose und des diagnostischen Konzeptes ist sehr wandelbar, so sind es auch Klassifikationen wie der ISD-9, der als Beispiel die Homosexualität noch als psychiatrisches Krankheitsbild eingestuft hat. So kann es auch passieren, dass die heutigen Einordnungsversuche der Krankheitsbilder in zwanzig oder dreißig Jahren Erstaunen auslösen werden. Das Buch von Harvard Professor Ross Baldessarini ( „Chemotherapy in Psychiatrie“) ist eines der bekanntesten Werke im englischsprachigen Raum zum Thema der differenzierten Diagnostik und Therapie in der Praxis. Er beschreibt wie und mit welchen Mitteln auf modernen Weg eine geeignete Terapie für die (Psycho)pathologie gefunden werden kann. Baldessarini sagt auch, dass es im Bezug auf den pharmakonzentrischen Zyklus der biologischen Psychiatrie aufgrund starker Überlappungen in den Krankheitskonzepten und -entitäten.keine klare Abgrenzung in der Behandlung gibt.

Die Dichotomie, die wir heute im ICD-10 finden zeigt auf der einen Seite die Schizophrenie und die schizoaffektiven Psychosen und auf der anderen Seite die affektiven Störungen F30, F31, F32 und F33. Die Einteilung war aber nicht immer so, sondern hat sich erst im Laufe der Zeit entwickelt. Interessant ist in diesem Zusammenhang, die Dichotomie zwischen mit Defekt einhergehende endogene Pschosen und ohne Defektbildung verlaufende Psychosen von Karl Leonhard (1986), die erste Trennung von unipolaren und bipolaren Verläufen von Eda Neele (1949) und das Konzept von Emil Kraepelin mit der Unterteilung in das manisch-depressive Irresein und das Irresein des Rückbildungsalters, also die Beschreibung des Phänomens des im Alter vulnerabler werdenden Gehirns (1899), das auch heute wieder in Diskussion ist. Ein sehr modernes Konzept ist das von Jules Angsts. Dieser beschreibt ein Spektrum von unipolar manisch bis zu unipolar depressiv mit seinen einzelnen Zwischenformen.

Die Genetik bildet eine gewisse Basis in der Entstehung psychischen Störungen und lässt erneut eine Verbundenheit der verschiedenen psychischen Erkrankungen zu. Die genetische Forschung konzentriert sich auf Einzelnukleotid - Polymorphismen, also Austausche von einzelnen Basenpaaren in einem DNA Strang, die sogenannten SNP ( single nucleotide peptides). 2013 wurde in einer Publikation in der Nature Genetics untersucht, in welchem Maße die Ausprägung einer psychischen Erkrankung durch SNPs Heredabilität erklärbar ist. Auf Basis dieser Forschungsarbeit wurde nachgewiesen, dass das ADH das am stärksten durch SNP vererbbare Krankheitsbild in diesem Formenkreis darstellt. An zweiter Stelle folgt die bipolare Störung. Interessant ist, dass SNPs die charakteristisch für die Vererbbarkeit eines bestimmten Krankheitsbildes sind teilweise auch in der Genetik eines anderen Krankheitsbildes nachweisbar sind. Zum Beispiel finden sich 50% der für die Depression spezifischen SNPs auch in den bipolaren Störungen. Daraus ergibt sich der Schluss, dass die genetische Überlappung der einzelnen Entitäten sehr hoch ist und die einzelnen Krankheiten nicht immer getrennt voneinander betrachtet werden können bzw. eine gemeinsame Basis aufweisen. In Hinblick auf diese starken Überlappungen der Krankheitsbilder ist die Unterscheidung zwischen unipolaren und bipolaren depressiven Episoden sehr sinnvoll. Die Konversion von unipolarer zu bipolarer Störung ist sehr hoch, vor allem bei jungen Erkrankungsalter ist mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einer verkappten bipolaren Störung zu rechnen. Eine Monotherapie mit einem Antidepressivum ist bislang nur bei unipolarem Verlauf indiziert.



Titel:Zur Nosologie der depressiven Störung
Vortragender: Andreas Erfurth (6. Psychiatrische Abteilung, Sozialmedizinisches Zentrum Baumgartner Höhe, Otto-Wagner-Spital und Pflegezentrum, Wien)
Datum:26.01.2015
Dauer:16:46 min.
Ort:Wien
Fach: Psychiatrie , Psychotherapie
Art: MedMonday
Thema:Bipolare Störung ,Depression ,Medizinische Fortbildung
Veranstaltung: Therapieresistente Depression (in Kooperation mit der Ärztekammer für Wien)
Moderation: