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Das aktuelle Interview zum (Geburts)Tag von Univ.-Prof. Dr. Rudolf Höfer, Gesellschaft der Ärzte

Interview anlässlich des 95. Geburtstags von Univ.-Prof. Dr. Rudolf Höfer, geb. am 18.3.1923

Gesellschaft der Ärzte in Wien: Sehr geehrter Herr Professor! Sie feiern heute, am 18. März, Ihren 95. Geburtstag, dazu gratulieren wir Ihnen sehr herzlich und wollen Sie zu fast einem Jahrhundert Ihres Lebens, in dem die Nuklearmedizin eine zentrale Rolle gespielt hat, fragen. Wie fing es an?

Univ.-Prof. Dr. Rudolf Höfer: Angefangen hat es damit, dass ich eigentlich in die Nuklearmedizin hinein geboren wurde, da in meinem Geburtsjahr 1923 Hevesy die erste Anwendung radioaktiver Isotopen in Biologie und Medizin publiziert hat. Es hatte sich um Zirkulationsuntersuchungen mit Radium Emanation gehandelt. Hevesy hatte dafür den Nobelpreis bekommen, allerdings verwendete er noch natürlich radioaktives Material. Dann geht es rasch weiter, zunächst wurde das Geiger-Müller Zählrohr erfunden, sodass man eine praktikable Möglichkeit hatte, die Radioaktivität zu messen.

1934 erfolgte dann der entscheidende Durchbruch, die Entdeckung der künstlichen Radioaktivität, durch Joliot und Madame Curie, sodass man nun auch Elemente künstlich radioaktiv machen konnte. Die Entdecker Joliot und Madame Curie erhielten dafür wiederum den Nobelpreis. Kurz vorher, 1932, hatte Lawrence in Berkeley das erste Zyklotron konstruiert, mit dem künstliche Radioaktivität erzeugt werden konnte.

GdÄ: Wie sind Sie an die Thematik Nuklearmedizin herangekommen?

RH: Es geht weiter beim hineingeboren werden. Der junge Arzt Höfer der 1941 Matura gemacht hatte, dann – nach 5 Jahren Krieg und Gefangenschaft in Afrika – Medizin studierte und 1953 promovierte, wurde von Vetter als Mitarbeiter an die Klinik geholt. Zuvor war Vetter von Fellinger von der Poliklinik an die Klinik gerufen worden, weil Fellinger mit seinem guten Gespür für Neues, jemanden suchte, der sich mit  diesem neuen Medium, den radioaktiven Isotopen, beschäftigen würde. Vetter wechselte mit fliegenden Fahnen von der Poliklinik auf die Klinik, suchte allerdings  einen Mitarbeiter. Ich hatte damals an der Rudolfstiftung auf der Pathologie begonnen, nahm sein Angebot, ihm zu helfen, gerne an und wurde bald – wenn auch ohne Bezahlung – angestellt.

GdÄ: Wie sind Ihre internationalen Beziehungen entstanden?

RH: Kaum war ich an der Klinik, ist es uns gelungen für mich ein Fulbright Stipendium zu erreichen. Dieses Stipendium führte mich nach San Francisco ins Donner Laboratory in Berkeley, also genau an den Ort, wo quasi alles begonnen hat. Ich bin dort als frisch promovierter Niemand wirklich rührend empfangen worden – so ein junger Hupfer aus Europa – das war auch für dort eine exotische Attraktion. Man kann flott sagen, ich bin als eine Null nach Berkeley gefahren und drei Monate später als sogenannter großer Spezialist zurückgekommen und konnte mit optimalen Voraussetzungen bei der Einführung von Radioisotopenmethoden mitwirken.

GdÄ: Wie war die Situation damals in Österreich?

RH: Da gibt es überraschenderweise eine erste Publikation aus dem Radium-Institut schon aus dem Jahre 1930 von den Mitgliedern des Institutes Stefan Meyer und Erhard Sueß, über die Verwendung von Radium Emanation als radioaktiven Indikator in Diagnostik und Therapie! Dort steht der schöne Satz: "Es wird als möglich hingestellt, dass daraus etwas werden könnte"! Dann geht es rasch weiter, eine ganz enge Mitarbeiterin von Berta Karlik, der Leiterin des Radium-Institutes, die Physikerin Traute Bernert, veröffentlicht 1949 ein kleines Buch über die künstliche Radioaktivität in Biologie und Medizin. Jetzt kommt bereits die erste Publikation von Vetter zusammen mit Hawliczek, der ebenfalls vom Radium-Institut stammt und dort führend in der Messtechnik arbeitete, eine Publikation über Zirkulationsuntersuchungen mit radioaktivem Natrium-24 – das war für uns die eigentliche Geburtsstunde.

GdÄ: Wie war die weitere Entwicklung in Österreich?

RH: Zuerst ist festzustellen, dass in Österreich natürlich nicht nur auf der Klinik Fellinger wir gemerkt haben, dass da etwas geschieht, sondern es war ungefähr in der gleichen Zeit in Innsbruck Riccabona, der mit Isotopen zu arbeiten begonnen hat, in Graz Eber, in Klagenfurt Rainer, in Wien Mostbeck und nicht zu vergessen - auch die Klinik Deutsch hatte ihren Isotopisten  - Frischauf. Bei uns und für mich ist es vielleicht deswegen so gut gelaufen, weil Vetter im Rahmen des großen internationalen Programms „Atoms for Peace“, an die internationale IAEA in Wien gerufen wird, um dort die medizinische Sektion „Atoms for Peace“ aufzubauen, wodurch ich nun der Alleinerbe auf der Klinik war, aber nicht nur das, sondern auch mein Freund an einer internationalen Schaltstelle in führender Position saß, was er auch wirklich, auch für uns, ausgenützt hat und wir hervorragende internationale Verbindungen hatten. Nur ein kleines Beispiel: Ich wurde 1959 in eine wirklich hochrangige internationale Gruppe als Vertreter der medizinischen Anwendungen inkorporiert, die damals in hochentwickelten südamerikanischen Ländern wie Kolumbien, Brasilien und Venezuela etwa, für die IAEA recherchierte. Diesem Auftrag im Jahr 1959 folgten dann noch weitere 1967 und 1969 in Ägypten, Rumänien, Syrien, im Sudan, Tirana und Thailand. Die Vorteile, die dadurch für das Labor und natürlich auch für mich entstanden, kann man leicht abschätzen.

GdÄ: Wie kam es zum Gasteiner Symposium?

RH: Bei der ersten großen Konferenz der IAEA unter dem Titel „Atoms for Peace“ 1954 in Genf war neben Vetter und Fellinger auch ich anwesend, dort war die Geburtsstunde von Gastein, weil wir in einem der vielen Gespräche, die wir mit Fellinger führten, auch vorschlugen in Österreich ein internationales Symposion zu begründen. Fellinger stimmte dem sofort zu und unterstützte uns dabei in jeder Weise.

GdÄ: Wie entwickelte sich das Isotopenlabor an der Klinik?

RH: Es beginnt 1953, ich war noch nicht an der Klinik, da hatte Vetter begonnen in einem Kammerl auf der Station 91/92 mit quasi nichts zu arbeiten. Als ich schon da war, 1954, wurde das Röntgen der Klinik umgebaut und erneuert und dabei wurden drei kleine Räume für die Nuklearmedizin zur Verfügung gestellt. 1965 wird aus dem Geld, das Fellinger im Rahmen der Sechshundertjahrfeier der Universität an Spenden als Rektor der Universität bekommen hatte, im 8. Hof eine große Baracke mit 3 Ebenen gebaut, die unterste für Grabner mit seinen Computern und die oberste für Grabner mit der Gastroenterologie, während auf ebener Erde Höfer mit der Nuklearmedizin einzieht, mit der Isotopenstation an der II. Medizinischen Universitätsklinik. Wir waren damals sehr stolz auf den großen Erfolg. 1973 wird die Nuklearmedizin als eigenständige Abteilung nach §10 HOG errichtet und dann der letzte große Schritt 1992, die Übersiedlung ins neu gebaute Allgemeine Krankenhaus in diese wunderbar große Klinik, eine für damals – wenn ich mich recht erinnere – unglaubliche Ausstattung mit zwölf Gammakameras, die schon teilweise mit SPECT kombiniert waren, zwei Ganzkörperzählern, einer großzügigen Ausstattung der gesamten Laborbereiche, einer auch therapeutischen Strahlenbettenstation und, um das auch zu erwähnen, einem schon fertig geplanten kleinen Zyklotron.  

GdÄ: Wie entwickelte sich die personelle Situation?

RH: Diese Entwicklung kann in einem Interview nur gestreift werden und das vor allem thematisch mit nur einigen wenigen Namen: Thematisch dominiert am Anfang die Schilddrüse, auch weil frühzeitig radioaktive Jod-Isotope verfügbar sind und sich damit eine neue Welt für Forschung, Diagnose und Therapie auftut, bei deren Entwicklung - das darf ich mit gutem Gewissen sagen - wir kräftig mitgeholfen haben. Alle auf der Isotopenstation der II. Medizinischen Klinik Tätigen haben dazu beigesteuert und mitgearbeitet, ich kann nicht mehr, als einige wenige „principal co-workers“ zu den wichtigsten Themen herausgreifen. Zum Thema Schilddrüse - ich versuche mich zeitlich zu orientieren - beginnt es natürlich mit Vetter, dann Egert, Fritzsche, Kroiss und auf dem großen Feld der Autoimmunität vor allem Schatz und Weissel - engste Kooperation gab es auch mit der Kinderklinik Zweymüller, Thalhammer und Frisch und der Chirurgie Fuchsig, Keminger, Dienstl und so viele auch noch zu nennen wären, muss ich aufhören. Es war einfach eine einmalige Situation und eine einmalige Gruppe von Menschen, aber ich muss mich auf das initiale Team beschränken, obwohl wir uns von Beginn an mit allen Themen der Anwendung von Radioisotopen in der Medizin – durchaus erfolgreich – befassten.
Wir wurden rasch auch international bekannt und anerkannt, wobei die Anerkennung am besten an den uns zugesprochenen großen Kongressen abzulesen ist, wie 1970 die 6. Internationale Schilddrüsenkonferenz, 1991 der Kongress der Europäischen Gesellschaft für Nuklearmedizin und natürlich der unglaubliche Erfolg des Bad Gasteiner Kongresses, zu dem nach einigen Jahren mehr als 400 Teilnehmer aus immerhin 36 verschiedenen Ländern anreisten. Auch in der Gesundheitspolitik haben wir einiges geleistet, was erwähnenswert ist, so die Einführung der Erhöhung der Jodierung des Speisesalzes und die Einführung des Neugeborenen-Screenings auf angeborene Hypothyreose in Kooperation mit der Kinderklinik. Wie unsere wissenschaftliche Kompetenz geschätzt wird zeigt auch, dass so viele Mitarbeiter in leitende Positionen gelangt sind, einige sogar an Lehrstühlen, wie chronologisch aufgeführt Schatz, Bergmann, Virgolini, Kurtaran und Sinzinger.

GdÄ: Sie waren ja auch hochschulpolitisch sehr aktiv.

RH: 1985 wurde ich, damals noch im Professorenkollegium, zum Sprecher der Professorenkurie gewählt. Eine nicht einfache aber sehr schöne Aufgabe im Rahmen des Firnberg-UOGs. Die Mitarbeit in der Baukommission Neubau AKH generell und als Planungsbeauftragter für die nuklearmedizinische Klinik waren weitere schwierige, aber faszinierende Aufgaben.

GdÄ: Worüber haben Sie sich nach Ihrer Emeritierung besonders gefreut?

RH: Dass man mich auch nach Beendigung der offiziellen Berufslaufbahn noch erinnert, war für mich immer eine besondere Freude. Da ist als erstes zu nennen, veranlasst vom damaligen supplierenden Sinzinger, die Enthüllung der Ehrentafel an der Nuklearmedizin für deren Gründer anlässlich meines neunzigsten Geburtstags. Weiters auch der von der Firma DSD-Pharma gestiftete Höfer-Preis, der seither festen Fuß unter den medizinischen Preisen gefasst hat. Außerdem in letzter Zeit die Ehrenmitgliedschaft der OGNMB (von mir als ÖNG gegründet), die mir heuer in Zell am See vulgo Bad Gastein vom Präsidenten Hacker überreicht wurde und natürlich last but by no means least der Bericht zur Geschichte des Bad Gasteiner Symposions „Radioaktive Isotope in Klinik und Forschung“, der im Institut für Zeitgeschichte verfasst wurde und das 1954 gegründete und bis heute weiter lebende wahrhaft internationale Treffen, vor allem in seiner Brückenfunktion, hervorragend recherchiert beschreibt. Vielen Dank den Kooperationspartnern und dem Autor.

GdÄ: Ihr Vermächtnis für die Zukunft?

RH: So wie diese Frage gestellt ist, kann und will ich sie nicht beantworten, da meiner Meinung nach in einem wissenschaftlichen Umfeld dem (ur)Alten das Verfassen eines Vermächtnisses nicht zusteht. Da ich aber ahne, was mit der Frage gemeint war, eine kurze Bemerkung: Die Anwendung radioaktiver Isotope in Klinik und Forschung, ich beharre auf diesem Titel, ist bei uns und nicht nur bei uns auf dem Boden klinischer und theoretischer Fächer entstanden und groß geworden. In den letzten Jahren eroberte die Kombination röntgenologischer und nuklearmedizinischer Techniken einen festen Platz in der bildgebenden Diagnostik. Aufgrund der ausgezeichneten Erfolge ist hier eine enge Kooperation auf Augenhöhe notwendig, die weiter optimale Ergebnisse liefern wird.
Daraus aber zu folgern, dass die Nuklearmedizin ein Teil der Radiologie wäre, ist ebenso widersinnig, wie es wäre, die Röntgenologie künftig zu einem Zweig der Nuklearmedizin zu erklären.

GdÄ: Wie ist Ihre Beziehung zur Gesellschaft der Ärzte?

RH: Ich nehme dazu sehr gerne Stellung, weil ich mich freue, dass dieses wunderbare altehrwürdige Haus wieder auf dem Weg zu seiner alten Bedeutung zurück ist, die es ja für uns gehabt hat. Für uns war das ein Zentrum für die Medizinische Fakultät damals, und die Teilnahme an den Veranstaltungen war eine Selbstverständlichkeit. Dort war wirklich ein Zentrum der wissenschaftlichen Diskussion. Die Gesellschaft ist nicht nur inhaltlich auf dem Weg zurück zur alten Bedeutung, auch das Gebäude strahlt wieder Würde aus.

GdÄ: Sehr geehrter Herr Professor Höfer, wir danken für das Gespräch, wünschen Ihnen alles Gute zum 95. Geburtstag, viel Gesundheit und eine weiterhin so rege geistige Anteilnahme am medizinischen Geschehen.
Wir freuen uns besonders, Sie spätestens bei dem zu Ihren Ehren von Frau Dr. Susanne Dorudi (DSD-Pharma) gestifteten Preis am 10. April am Abend im Billrothhaus wieder zu sehen.


© Stefan Burghart